Archiv
Journal
26. Mai 2011
Ein Schuhkarton mit alten Briefen und Fotos
Liebe Freunde,
in der Hoffnung, mich durch jammerlappig anmutende Wiederholungen nicht komplett unbeliebt zu machen, berichte ich dies:
Das Jahr 2010 beinhaltete für mich nach extrem mühseligen Zeiten und ebenso langwierigen wie selbstsezierenden Lösungssuchen viele bittere grundlegende Erkenntnisse, die dazu führten, dass ich beinahe nichts Positives mehr in den 10 Jahren des Bandbestehens zu erkennen vermochte, ja, sogar mehrfach daran dachte, einfach aufzuhören und etwas komplett anderes zu beginnen.
Da ich aber ahnte, dass dieses Vorhaben sowieso nicht gelingen würde, getriebener „Künstler“, der ich nun mal leider bin, versuchte ich, mir durch die nostalgische Auseinandersetzung mit den eigenen Werken die positiven Aspekte dieser Schaffensphase ins Gedächtnis zu rufen und zu bewahren. Gute Methode! Sowohl das Interview-Buch Artworks & Artwords als auch das (wirklich gut gelungene) Earbook halfen mir extrem dabei und ich bin froh, dass ich mich überwinden konnte, das (gemeinsam) Erreichte so völlig von persönlichen Querelen und schweren Zeiten abzutrennen, ihren Wert an und für sich wieder zu sehen. Das war reinigend und erdete mich ungemein. Dadurch konnte ich mich befreien, es gelang mir, wieder nach vorne zu blicken und endlich, endlich wieder mit dem Arbeiten anzufangen.
Manchmal ist es gut, den Schuhkarton der Erinnerungen für einige Zeit weg zu schließen und die Vergangenheit einfach mal sein zu lassen. Früher oder später sollte/kann/möchte man ihn aber rausholen und sich damit auseinandersetzen. Man ordnet die Fotos und Briefe und verstaut das Ding an einer sicheren Stelle. So vermeidet man, dass einem das Ding beim Öffnen des Schrankes vor die Füße fällt und man sich zu einem extrem ungünstigen Zeitpunkt damit konfrontiert sieht.
Sieh an, wie man an der Tracklist der Single Wechselbalg sehen kann, ich fand dahinter sogar einen weiteren Schuhkarton mit Erinnerungen. Und wo ich grade dabei war…
Und ich lernte es tatsächlich durch beide wieder neu: Natürlich würde ich heute vieles vielleicht etwas (oder gewaltig) anders machen wollen als damals, vielleicht findet man immer noch eine Sache, an der man feilen und herummäkeln könnte (und sicher gibt es eine Menge Leute, die das auch bei unserer Musik tun!), aber für mich sind in diesen Jahren viele unglaublich tolle Dinge entstanden, egal, wie hoch der Preis am Ende gewesen sein mag. Und das macht mich stolz und demütig zugleich.
Das hilft vor allem, wenn man viele dieser Songs (es geht um Lieder, nicht vergessen!) auch wieder für ein Live-Konzert vorbereitet. Und, voilá, da ist es wieder, das alte Gefühl! Der Bezug zu einem selbst. Der nackte, unverzerrte Kern. Die Seele des Liedes.
Doch davon später mehr…
Nun ist das Earbook offiziell erschienen, ich wünsche Euch1 ein Wiedereintauchen in diese fruchtbaren Jahre, genießt dieses Format und den Detailreichtum bei den Artworks, ich bin sicher, hier im Sinne aller je daran beteiligt Gewesenen zu sprechen, wenn ich schreibe: Dies ist eine wirklich tolle Veröffentlichung geworden!
Ganz ohne übel riechendes Eigenlob: Der Verkaufspreis ist zudem meines Erachtens eine kleine kalkulatorische Sensation!
Bevor ich mich nun wieder den Arbeiten am Fremder-Zyklus widme, hier noch ein paar Fragen, die in den letzten Wochen durchs Web geisterten und denen ich mich hier an exponierter Stelle annehmen möchte.
Gefragt wurde: Ist das Earbook limitiert? Jein. Limitiert ist es in diesem Sinne nicht. Solange die Leute sich dafür stark interessiert zeigen, kann es diese Sammlung auch geben. Die Herstellungskosten spotten allerdings jeder Beschreibung und deshalb muss man natürlich realistisch bleiben.
Gefragt wurde: Ist es Zufall oder Absicht, dass The 6th of September das neunundsechzigste Stück ist, wenn man den Zyklus der Reihe nach hört? Ich sage es ganz deutlich: Würde mir jemand glauben, wenn ich es bejahte oder verneinte? Siehste.
Gefragt wurde: Warum ist die Hunger-EP nicht enthalten? Diese Scheibe war so streng limitiert, dass ich mir sehr unehrenhaft vorgekommen wäre, sie darauf zu veröffentlichen. Gleiches gilt für Isobel Goudie.
Gefragt wurde: Wird es auch vom Fremder-Zyklus ein Earbook geben? Dann brauche ich mir die CDs nicht einzeln zu kaufen.
Was antworte ich da? Gegenfrage: Können wir die Frage bitte auf ca. 2016 verschieben?
Mehrere fragten: Kann ich die Telefonnummer des Fotomodells (und scherzhaft: von Emma) bekommen? Oder Deine? Meine Antwort: Aber nein.
Bis bald an dieser Stelle
Euer Asp