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7. Mai 2021

DAS REICH DES EINHORNS

Kapitel 2: Einhörner sind nicht leicht zu fangen



Als ich mich endlich dazu durchgerungen hatte, dachte ich, es sollte doch von nun an ein Leichtes sein, und fing, mit einer vagen Melodie im Herzen, an, das Songtextgedicht zu schreiben. Noch immer wollte ich keinesfalls ein Lied zum „letzten Einhorn“ erschaffen. Vielmehr sollten all die verschiedenen Einhörner, die mich gepiesackt hatten, zu einem einzigen vereint werden. Das wäre doch nur fair nach all dem Hörnergepieke? Ich machte mich also auf die Suche nach dem, was sie alle gemeinsam hatten in Peter S. Beagles sehr unterschiedlichen Geschichten, machte mich auf die Spur nach dem gemeinsamen Ton, der hinter den Erzählungen vibriert.

Die eigene kleine Erzählung wuchs, aber der Ton wollte und wollte nicht stimmen. Immer wieder schlich sich etwas allzu Süßliches, fast Kitschiges in die Zeilen (wie mir meine wachsame Lektorin bestätigte). Man muss es sich vorstellen wie den im ersten Journal-Kapitel erwähnten Zeichentrickfilm, der sich immer wieder vor das ursprünglich zugrunde liegende Buch drängte. Als hätte man den Kuchen mit zu viel Zucker versehen und ihn danach in Sahne ersäuft. Die Einhörner zogen sich tiefer und tiefer in ihren magischen Wald zurück, und ich drohte, langsam, aber sicher ihre Spur zu verlieren. Es war wie verhext.

Schon neckte mich die Fuchs-Textskizze, ob ich es stattdessen nicht lieber noch einmal mit ihr versuchen wolle. „Auf, auf, hier bin ich schon und warte. Komm und hasch mich, wir Füchse sind doch viel hübschere Tiere, und ganz pflegeleicht sind wir auch. Solange du nicht den Hühnerstall offenlässt. Nun komm schon, vertrau mir!“
Aber schließlich gelang es mir, mich von allem unnötigen Ballast freizumachen. Ich wusch alles ab, was mich vom reinen Einhornwesen ablenkte, und pirschte mich an. Als wären alle störenden, eine unangenehme Witterung auslösenden Gerüche nun abgelegt, fand ich endlich die kleine Lichtung, auf der die Einhörner im Schatten eines großen Baumes friedlich und in völliger Eintracht auf mich warteten. Scheu zwar, aber zutraulich.
Nach und nach gelang der Text. Ich hoffe, er wird auch ohne die Extraportion Zucker und den Berg Schlagsahne munden.

Fortsetzung folgt …