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12. März 2009
Der imaginäre Kritikerfreund
Der Papilion ist ein Magazin über die Band ASP, Lobhudeleien können also – man möge uns nachsichtig verzeihen – leider nicht ausgeschlossen werden. Das freut die Fans, denn die teilen ja die Begeisterung. Das freut aber auch die Kritiker, die sich schon jetzt die Hände reiben und begeistert die alte Arie anstimmen dürfen, was diese ach-so-kommerzielle Band nicht noch so alles anstelle, um sich besser zu vermarkten.
Ich will es mal so sagen:
Wir tun seit Jahren einfach alles, was wir können!
Wir finden nämlich noch immer, dass unsere Musik es absolut wert ist, gehört zu werden. Und dafür, dass diese Musik in der à–ffentlichkeit stärker wahrgenommen wird, dafür scheuen wir in der Tat keine Anstrengung.
Und dennoch:
Die hauseigene Zeitschrift entstand aus ganz anderen Gründen.
Wollen wir einen imaginären Kritiker stellvertretend für die vielen Meckerer mal raten lassen?
Der imaginäre Kritikerfreund:
„Die Band verkauft jetzt ihre eigene Zeitschrift und hat so noch einen weiteren tollen Artikel in ihrem ohnehin schon mehr als übertrieben ausgestatteten Merchandising-Shop?“
Oh, das sind ja gleich mehrere Vorwürfe gleichzeitig.
Immer wieder gerne wird gelästert, weil wir – im Gegensatz zu anderen Bands – so viele Sachen anbieten würden.
Lieber Kritiker! Ich versuche seit zehn Jahren, mehr schlecht als recht, eine Band zu ernähren.
Aus verschiedenen Gründen (beispielsweise stehlen die Leute heutzutage eher Musik, als sie zu kaufen; vermutlich weil die Musik ihren Stellenwert und sämtliche damit zusammenhängende Wertschätzung, und dadurch resultierend auch Wertschöpfung, verloren hat) ist es aber fast unmöglich geworden, dies mit dem Verkauf von Tonträgern zu erreichen.
Der imaginäre Kritikerfreund: „Und außerdem war der Satz viel zu lang. Wer, bitteschön, soll denn so was verstehen?“
Ach, gehen Sie doch zur Büld-Zeitung, wenn es Ihnen nicht passt!
Weiter im Text: Um trotzdem weiter unserer unsäglichen Leidenschaft des Kunstschaffens frönen zu können, mussten wir uns also mit einem anderen Zweig absichern oder nebenbei noch ein wenig Chartsmukke produzieren, die ebenso sinnentleert (immer) wie einträglich (manchmal) ist.
Da fiel uns die Entscheidung leicht: Lieber verkaufen wir T-Shirts (und anderes) als unsere Seelen.
Im Gegensatz zu 95% der anderen Bands haben wir uns also im Bereich Merchandising nichts aus der Hand nehmen lassen, weder Plattenbosse noch Managements noch sonst irgendjemand quatscht uns da rein.
Alles, was wir da machen ist von mir erdacht und geplant, in intensiver Arbeit mit hervorragenden Artwork-Spezialisten erarbeitet und kostet eine Menge Blut, Schweiß und Tränen.
Aber: Ich will nicht nur jammern, denn es macht mir auch eine große Freude und ich konnte dabei eine ganze Menge lernen.
Als Ehrung der ganz besonderen Art empfand ich folgende kleine Begebenheit:
In Berlin beichtete mir mal ein Mensch, dem ich im Eifer des Gefechtes nach der Show fast ein Autogramm aufgenötigt hätte: Danke, nein, er sei eigentlich nur wegen des Merch-Standes hier, er sei der Shop-Betreuer der Rockgruppe XYXY (nein, den Namen verrate ich nicht) und an unserem Stand könne man sich immer ein paar Anregungen für den eigenen Bandshop holen, wir hätten immer so gute Ideen.
Huch.
Und trotzdem zurück zum Fan-Mag Papilion.
Der ist nämlich, man kann es sich ja eigentlich ausrechnen, nicht einmal dazu da, die finanziellen Bedürfnisse der Band mitzutragen.
Das Problem ist hier (wie bei ganz vielen anderen Dingen): Das rechnet sich gar nicht.
In jeder Ausgabe stecken hunderte von Arbeitsstunden. Sei es nun redaktionell oder im Layout, in der Korrektur oder in der Druckvorbereitung. Außerdem arbeiten wir nicht mit einer billigen Online-Druckerei zusammen, sondern mit einer ganz besonders freundlichen und zuverlässigen hier aus der Gegend, bei der wir wissen, dass Qualität und Service stimmen.
Aber ich werde darüber gar nicht weiter nachdenken. Sonst sagt die Stimme in mir, die dem Mann gehört, welcher monatlich die Miete überweisen muss: „Das lohnt sich nicht, lass das schnell bleiben!“
Der imaginäre Kritikerfreund: Au ja, das wäre uns ein inneres Volksfest!
Wie gesagt: Den Papilion gibt es aber aus ganz anderen Gründen:
1.
Wollten wir nicht alles nur im Internet berichten, was uns so widerfährt und was es zu erzählen gibt. Stattdessen wollten wir etwas Reales machen, etwas, was eben nicht dem kurzlebigen (pardon) „Consume & Forget“-Internet entspricht.
2.
Den Papilion gibt es, weil uns die Musikmagazine manchmal einfach auf die Nerven gehen.
Soviel Rebellion gönnen wir uns einfach.
Und für alle Kritikerfreunde habe ich wie immer den einen guten Tipp:
Kaufen Sie woanders, wir zwingen ja keinen. Sie gehören doch nicht etwa zu den verachtenswerten Leuten, die bis Nachts um halb ? vor der Glotze hocken, um sich darüber aufzuregen, wie schlecht das Fernsehprogramm ist?
Der imaginäre Kritikerfreund: Pah, von Ihnen lasse ich mir gar nichts vorschreiben, ich habe ein RECHT dazu, hier zu sein und mich über Sie aufzuregen.
Au weia. Können Sie sich nicht einen interessanten Verkehrsunfall suchen, anstatt die Leute hier von ehrlicher Arbeit abzuhalten?
Der imaginäre Kritikerfreund: „Frechheit! Dabei sehen Sie doch schon aus, wie ein Verkehrsunfall! Und wie man sieht: Sport treiben sie wohl auch keinen mehr, was? Ein bisschen auf ihre Wampe könnten sie schon aufpassen…“
Ganz im Gegenteil, ich treibe sogar zum allerersten Mal in meinem Leben Sport. Ich habe nur aufgrund meiner Sängertätigkeit die Entscheidung getroffen, mit dem Rauchen aufzuhören und – schwupps - ging ich aus dem Leim… - Hey, Moment mal…das tut doch gar nichts zur Sache!
Der imaginäre Kritikerfreund: Oh doch! Erwischt! Sehen Sie, ich hatte also mit allem Recht!