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21. Dezember 2013

Geschenke.


„Du sollst nicht verschenken Deines Nachbarn Kühlschrankinhalt!“

[Brief an die Amazonier, Kapitel 67]

Das Ende naht! Das Ende nämlich des Jahres 2013 und damit kommen, wie alle Jahre wieder, die guten Vorsätze für das neue und viel bessere Jahr. Jahr, Jahr, dreimal Hurrar.


Gute Vorsätze wie zum Beispiel: „Ich will nicht mehr so viel jammern über die Ungerechtigkeit der Welt und die Möglichkeiten des nicht legalen Downloads meiner nun beinahe schon brotlosen Kunst.“

Doch bevor der Silvester kommt und jenes selbstkasteiende Ansinnen beginnt, ist es unbedingt nötig, noch einmal richtig einen draufzusetzen. Wenn man abnehmen möchte, dann futtert man meistens ja auch noch einmal so richtig, nicht wahr?

Nein, im Ernst: Mir platzt der Kragen! Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich speien möchte! Meine Fassungslosigkeit ergießt sich endlos in ein Fass ohne Boden! Fass, Hasso, möchte ich beinahe rufen und statt endloser Selbstzerfleischung endlich einmal andere als den sprichwörtlichen Letzten sehen, den die Hunde beißen. Aber weit gefehlt. Als allerletzter Depp fühlt man sich heute, als Hirnanhangdrüsenüberbleibsel der bis aufs Rudimentärste am Gerechtigkeitsempfinden verkümmerten öffentlichen Wahrnehmung.

Was soll das Geschwurbel, fragst du dich, lieber Leser, wozu dient das schier endlose Geschwafel  diesmal?

Die Antwort lautet: Als Eröffnungsluftmachen, bevor ich mich um etwas mehr Sachlichkeit bemühe, damit jeder mir in meiner Passion folgen kann.

Im schönen Monat Juni begab es sich, dass der Online-Verkaufsriese Amazon in Deutschland einen neuen „Service“ für seine Kunden einführte, den man unfassbar kreativ „AutoRip“ hieß.
Ein Service, der den Käufern von Tonträgern die lästige und aufreibende Arbeit ersparen soll, ihre CDs in den Computer zu laden. Diesen Vorgang nennt man im Netz-Sprech „rippen“, weswegen zumindest die zweite Hälfte des Namens einer gewissen Logik nicht entbehrt.

Als ich davon erfuhr, war ich zunächst schlicht und ergreifend verblüfft und versuchte mehr über diesen Gratis-Service zu erfahren, witterte ich hier doch eine als Kundenfreundlichkeit getarnte Maßnahme, sich mit anderer Leute harter Arbeit einen Marktvorteil gegenüber den Mitbewerbern (früher nannte man die übrigens noch Konkurrenz) zu sichern.

Das erste Hörensagen.

Mit schrillenden Alarmglocken versuchten wir uns kundig zu machen, denn SIEHE! auch die ASP-CDs gab es nun inklusive Gratis-Download. Stop! Ein Gratis-Download? Ist das so? Wir werden sehen.

Ich tat mehrere Dinge, um herauszufinden, was das Ganze zu bedeuten hat.
Zum einen schickte ich Alex Storm los, der sich über die Vertriebspartner darüber erkundigen sollte, und zum anderen versuchte ich, mich zunächst einmal im Internet schlau zu machen. Dafür ist das Internet ja gar nicht so übel. Manchmal.

Der schaurige Spiegel Online titelte ganz richtig feststellend: „Amazon verschenkt jetzt MP3s“

Moment! Wie, die VERSCHENKEN MP3s? Aber die gehören denen doch gar nicht! Außer, sie haben sie vorher gekauft, dann können sie die meinetwegen auch verschenken. Aber haben sie sie gekauft? Das muss man rauskriegen.

Weiter war dort zu lesen, für 500.000 CDs und Vinyl-Schallplatten gelte ab sofort, ich zitiere:
„Wer seit 1999 bei Amazon Musik gekauft hat, die zum Katalog des sogenannten AutoRip-Programms gehört, bekommt dafür rückwirkend MP3s in seinen Amazon-Cloudspeicher geladen.“

In diesem harmlos aussehenden Satz verbargen sich gleich mehrere Sensationen, die sowohl meine Fassungslosigkeit als auch mein Misstrauen schürten: 

Erstens: Seit 1999? Ein gutes Jahr. Genau seit 1999 gibt es ASP, und das würde ja bedeuten, möglicherweise alle unsere CDs? Und damit Gratis-MP3s für SÄMTLICHE von ALLEN Amazon-Kunden gekauften ASP-CDs, die über Amazon verkauft wurden?

Ja, es liest sich ganz so, denn weiter hieß es: „Wer also schon länger Amazon-Kunde ist, wird womöglich Geschenke vorfinden, wenn er sich das nächste Mal in seinen Account einloggt.“

Erneut rufe ich aus: „Die VERSCHENKEN MP3s? Aber die gehören denen doch gar nicht ...“ und so weiter.

Zweitens: Wie wird man denn Teil des so genannten AutoRip-Kataloges? Wird man dazu freundlich eingeladen? Deuten Amazon auf die Bands und verhandeln dann mit den Labels darüber? Klingt fast so, denn zu lesen ist dort, der für das AutoRip-Programm bei Amazon verantwortliche Manager Steve Boom behaupte, „alle großen Labels und Hunderte Indie-Labels seien an Bord …
Also wurde da doch hinter den Kulissen etwas besprochen. Ich atme auf. Ich naives Würstchen.

Drittens: Was ist denn der Amazon-Cloud-Speicher? Klingt schon wieder wie Ämäsøn klaut!

Okay. Sowas macht mich schier wahnsinnig, und ich muss das genauer rausfinden. Also mache ich mich als Detektiv auf, dieses Rätsel zu lösen.

Erstmal frage ich meinen Lieblingsplattenboss direkt zu Punkt „Zweitens“: Hand aufs Herz: "Wann hast Du denn mit Amazon gesprochen und wieso hast du denn deine Erlaubnis zu diesem Schmarrn gegeben?" Er weiß natürlich von nichts, will jedoch versuchen, über den Vertrieb herauszufinden, wie es dazu kommen konnte. Schließlich sind Downloads neben den so genannten physischen Tonträgern mittlerweile ein wichtiger Pfeiler unserer stets schwindenden Einnahmequellen. Zumindest, wenn diese legal und kostenpflichtig sind. Auch für unser Label ist das wirklich eine schlimme Sache.

Also fragt er wieder jemanden beim Vertrieb. Doch da weiß man nicht viel, denn bei Amazon gibt es wohl keinen Ansprechpartner, so heißt es.

Aua.

Aber! Aber! Immerhin hat man läuten hören, es gäbe eine Einigung mit der GEMA. Na, wenn das nichts ist. Denn in diesem Verein bin ich ja Mitglied, und dann frage ich dort mal nach, was es mit dieser Einigung auf sich hat. Das tu ich via Mail und höre erstmal nichts. Zehn Tage lang.

Genug Zeit, bei Amazon selbst einmal nachzuschauen, ob man nun tatsächlich ganz viele Downloads geschenkt bekommt.

In der Tat, dort finde ich den Amazon-Cloud-Player, und in diesem eine lange Liste von Alben und Songs, die ich in meiner Zeit als Kunde dort gekauft habe.

Ich darf also die MP3s zu diesen dort gekauften Tonträgern im Cloudplayer anhören? Nicht nur das! Das kleine Programm „Amazon MP3 Downloader“ erlaubt es mir, sämtliche Titel direkt herunterzuladen.

Direkt in meine iTunes-Musikverwaltung.


Toll. Das freut die Kunden sicher.

Ich allerdings entdecke in meinem „Cloud-Player“ auch ganz viele MP3s von CDs, die sich gar nicht in meinem Besitz befinden. Weil ich sie überhaupt nicht für mich gekauft habe, sondern als Geschenk.

Selbstverständlich bin ich ein informierter und verantwortungsbewusster Konsument und fairer Musikerkollege. Keiner der Songs landet auf meinem Rechner, denn wenn die gekauften CDs sich nicht in meinem Besitz befinden, dann darf ich auch die Kopien davon nicht behalten. Das weiß doch wirklich jeder. Das macht doch auch wirklich jeder so. Kann gar nicht anders sein.

Verdammt.

Nun gut. Da ich die MP3s nicht nur streamen kann, sondern wirklich alles auf meinen Computer herunterladen (!) darf, probiere ich doch auch gleich mal, ob ein nicht mit dem Internet verbundener iPod die Songs abspielt. Jawoll, tut er! 

Das macht Hoffnung, denn damit sind das de fakto Downloads und müssen dann ja irgendwie von Amazon vergütet werden. Ganz normal, wie sich das gehört.

Ja, Mensch, dachte ich, da wird doch nicht ein kleines monetäres Weihnachtsgeschenk auf mich warten? Sofort und reflexhaft denke ich über so wunderbare Errungenschaften der zivilisierten Welt nach wie „private Altersvorsorge“. 

Andererseits: Großkonzerne waren bisher alles andere als Freunde des Musikers, und ich beschließe, das Fell des Bären nicht zu verkaufen, bevor er nicht erlegt ist. Eine weise Entscheidung, wie sich herausstellen sollte.

Nach zehn Tagen erinnere ich die kontaktierte GEMA an meine bisher völlig ignorierte Anfrage und erhalte tatsächlich eine Antwort. Nämlich die, dass man zur Beantwortung meiner Frage „Informationen aus der Fach-/Lizenzabteilung benötige und die zuständige Person noch im Urlaub sei“. Ehrlich? Echt jetzt? Es gibt im gesamten, Millionen und Abermillionen verschlingenden GEMA-Verwaltungsapparat nur eine (1)  einzige Person, die mir etwas zu der angeblichen Einigung zwischen GEMA und Amazon sagen kann? Das. Macht. Mir. Angst.

Als alter GEMA-Verteidiger beschließe ich, mich weiter in Geduld zu üben, schließlich habe ich viel Arbeit und kann mich nicht den lieben langen Tag nur um das „Ämäsøn-klaut“-Thema kümmern.

Aber so ganz lässt mich das nicht los. Immer wieder schaue ich mich auf den Amazon-Produktseiten zu den eigenen Alben um und stellte fest: Die Preise wurden wie durch Zauberhand plötzlich um mehrere Euro erhöht. Ein Schelm, wer daraus ableitet, dass die neu etablierte AutoRip-Funktion für einen Mehrwert des Tonträgers eingesetzt wird. Außerdem nervig, dass Amazon auch nicht zwischen den verschiedenen Versionen der CDs unterscheiden kann und man plötzlich als Kunde suggeriert bekommt, man könne die limitierte Version (z.B. der seit Jahren vergriffenen „Aus der Tiefe“ A5-Box) und deren damals exklusive Inhalte hier nun komplott, äh, komplett herunterladen. Natürlich ist das nicht so. Boah, ey. Kann man so machen. Ist dann halt echt mies.

Der Sherlock in mir will jetzt endlich Antworten.

Immerhin. Nach gerade mal neun (9!) Wochen Urlaub ist der Fachmann der GEMA wieder aus dem Urlaub zurück. Welch witziger Zufall! Das ist nämlich ziemlich genau die Zeitspanne, die auch ich Urlaub hatte. Zusammengerechnet. In den vergangenen sieben Jahren. 

Und die Antworten? Die darf ich hier nicht eins zu eins wiedergeben, da laut Sachbearbeiter noch kein veröffentlichter Tarif für die Cloud-Nutzung existiert und ich gebeten wurde, diese Informationen vertraulich zu behandeln. Is klar. Wahrscheinlich werde ich aus der GEMA ausgeschlossen, wenn ich darüber spreche? Jaaaaa! Ich bin hier! Tut es! Im Ernst: Diese Geheimniskrämerei empfinde ich als eher nicht so vertrauenserweckend. Was habt ihr mit unseren Verwertungsrechten denn gemacht? Muss man sich da für euch schämen? Wurden sie uns für einen Apple und ein iPhone gecloud und an andere verscherbelt? Hat die Youtube-Auseinandersetzung die Damen und Herren dermaßen zermürbt, dass nun jeder Großkonzern kommen kann und für ein paar Cent pro Million Views/Plays/Clicks das Weltmusikrepertoire nachgeschmissen bekommt? Oder zumindest auserwählte 500.000?

Was ich aber verraten werde, ganz gleich, ob das meiner früher so von mir verteidigten GEMA nun passt oder nicht, ist folgendes: „AutoRip“, so heißt es „sei im Rahmen der Lizenzierung des Cloud-Dienstes im Rahmen eines Experimentalvertrages mit-lizenziert.“

Okay. Cloud also. Mit-lizensiert also.

Nun schwimmen mir die Felle davon und Sherlock der Fall. Wenn sich das so bewahrheitet, dann ist das Ganze ein unfassbar perfider und genialer Abzock-Trick gegenüber den betroffenen Labels und Musikern.

Zunächst mal bleibt jedoch die Frage offen: Wie wurden denn die Bands ausgewählt, die im „AutoRip-Katalog“ vorkommen? Wurde tatsächlich mit den Indie-Labels gesprochen und sich geeinigt? Zumindest in unserem Fall ist das gelogen. Trisol hätte diesem Quatsch nie zugestimmt. Das Rätsel ist ganz einfach gelöst. Da unsere Alben im Digitalvertrieb gelistet sind, wurde automatisch davon ausgegangen, dass wir nichts dagegen haben, wenn unsere Songs als MP3s verschenkt werden. Doch, haben wir! 
„Ach, ihr Auto (R.I.P.) war nicht abgeschlossen, wir dachten ja nicht, dass es sie stört, wenn wir es uns unter den Nagel reißen und verkaufen …“

Wir können uns aber gar nicht dagegen wehren.

Sherlock Spreng wartet brav ab, um einen letzten Beweis für seine Theorie zu bekommen. Und tatsächlich. Ende November hat unser Label die Abrechnungen für die Downloadlizenzen bekommen und festgestellt: Nichts. Keinerlei erkennbarer Anstieg, sprich: 
Das Verschenken von über vierzehn Jahre angesammelten Verkäufen von ASP-CDs und die damit verbundenen Downloads über AutoRip haben kein Geld in unsere Kassen gespült.
Vorsicht vor Zwischenrufen zu diesem Zeitpunkt! Ich bin mir durchaus bewusst, dass das Ganze für den Endkunden natürlich eine tolle Sache ist. Aber leider auf unsere Kosten. Und wer hat am allermeisten davon? Genau. Amazon, die sich einen deutlichen Vorteil gegenüber dem Mitbewerber verschaffen durften.

Nun. Warum und wie konnte das Ganze so hingetrickst werden? Ganz einfach: Das Zauberwort heißt CLOUD. Denn über einen Cloud-Dienst werden die ganzen MP3s als gestreamte Inhalte deklariert und nicht als Downloads in dem Sinne. Stimmt nicht. Siehe oben. Q.e.d.. Zwar streiten sich die Fachleute noch darüber, wo überhaupt der Unterschied ist, da alle Streamings auch auf dem Rechner zwischengespeichert werden, aber das tut gar nichts zur Sache. Fakt ist, dass Streaming-Dienste wie z.B. Spotify durchaus Lizenzen an Labels und Künstler bezahlen, diese aber erst ab einer gewissen Anzahl von Streams überhaupt zur Auszahlung kommen. Eine Grenze, die Indie-Künstler so gut wie nie überschreiten können und daher – wieder einmal – leer ausgehen. Böse Zungen munkeln sogar, dass exakt das der Grund ist, warum Youtube vorsorglich Musikvideos mit über einer Million Views sperrt, weil das die magische Grenze sein könnte, die später Geld kosten könnte, falls man sich mit der GEMA einigt. Aber die Verwertungsrechte (nur die gehen die GEMA etwas an) sind ja nicht das einzige, was den Künstler ernährt, im Gegenteil. Die Lizenzen, welche die „bösen, bösen“ Labels an die Musiker ausbezahlen, sind ja meist das, wovon der Künstler lebt. Und die Zahlung dieser Lizenzen wurde komplett ausgehebelt. Das findet der Endkunde meist nicht so schlimm, weil dann immer wieder Begriffe wie das gemeine „Musikwirtschaft“ oder „Musikindustrie“ fallen und damit natürlich die teuflischen Labels gemeint sind, die nichts anderes im Sinn haben, als ihre Künstler ausbluten zu lassen und auszusaugen bis auf den letzten Cent. Ganz im Gegensatz zu heiliggesprochenen Konsum-Füllhörnern wie Google oder Amazon, die nur unser Bestes wollen. Und meistens auch bekommen. Ich sage es erneut: Es sind Downloads. Keine Streams. Und wenn die verantwortlichen auch noch so lange behaupten, der Amazonas sei ein Gebirge, so wird man dennoch darin ertrinken, wenn man versucht, ihn zu besteigen. Oder von Krokodilen gefressen. Eine Vorstellung, die mir immer besser gefällt, wenn ich an diese Leute denke.

Ich kann es schon hören, das herablassende und missgünstige Geschwätz so manchen Alles-meins-immer-und-gratis-Jüngers, der unreflektiert im Chor betet: Asp wolle sich doch nur nicht an die modernen Zeiten anpassen und wolle gar am Ende den Konsumenten kriminalisieren.
Das brauche ich gar nicht. Das macht der schon selbst oder lässt sich von Großkonzernen dazu anstiften.

Aber meines Empfindens nach am allertolldreistesten ist, dass ein Konzern wie Amazon selbst und im Alleingang festlegen darf, wie viel unsere Rechte und unsere Arbeit wert sind, nur um immer fettere Profite zu machen bzw. in diesem Fall einen Angriff auf iTunes zu starten. Und alle sehen zu bei dieser Enteignung! Der einzige empörte Aufschrei, der durch den Kundenschwarm geht, ist der, dass Amazon die MP3s mit einem Wasserzeichen versieht, so dass man eine Art „psychologischen Kopierschutz“ erzeugt. Das ist wahrlich eine Schweinerei, was? Seufz.

Und sämtliche Verantwortung wird dem Kunden in die Hände gelegt, während der Großkonzern die seinen in Unschuld waschen kann. Natürlich können die noch unausgepackten Tonträger direkt auf Ebay verkauft oder weiterverschenkt werden. Selbstverständlich weist man in den Nutzungsbedingungen darauf hin, dass die MP3s nachträglich berechnet werden, wenn man seine CD zurückschickt. Aber in Wahrheit ist das Ganze nichts anderes als ein Beweis für die Beliebigkeit der „Ware Musik“, degradiert zur Gratisbeigabe, heruntergerechnet auf Nullen und Einsen. Vor allem aber auf Nullen. Das empfinde ich als schurkisch und bis ins Mark demütigend.

Ich finde, es wird im gesamten Streit über Urheberrechte (der in Wirklichkeit ein Streit über Verwertungsrechte ist) viel zu häufig an den falschen Fronten gekämpft. Und ich verrate mal was: Hier geht es gar nicht nur darum, dass Musik als Berufung und Beruf in meinem Leben verständlicherweise einen extrem hohen Stellenwert einnimmt. Natürlich tut sie das, und das Anprangern gewisser Missstände diesbezüglich mag ab und zu ein wenig unverhältnismäßig erscheinen, wenn es so viele globale Probleme gibt. Aber es muss bitte erlaubt sein, sich als Musiker in der Öffentlichkeit über eine so groß angelegte Schweinerei zu echauffieren, denn auch hier hängen Existenzen dran. Existenzen von Menschen, die mit Leidenschaft an etwas gearbeitet haben und versuchen, anderen etwas mit Tiefe und Schönheit zu schenken. Es geht auch nicht darum, dass ich Probleme damit habe, dass Musik und deren Wertschöpfung heute eine andere sein mag als noch vor zwanzig Jahren. Ich bin mir bewusst und auch stolz darauf, ein Nischenkünstler zu sein, dessen Arbeit nur sehr wenige Menschen verstehen und toll finden können. Damit komme ich sehr gut klar, und ich bin auf jeden einzelnen stolz, den es mir (und meinen Mitstreitern) gelingt, für unsere Musik zu begeistern. Diese Leute sind da draußen, und sie sind bereit, uns zu unterstützen, mit ihren Mitteln dafür zu sorgen, dass wir weitermachen dürfen.

Doch wie mühselig und klein scheinen mir manchmal diese Bemühungen von uns und euch, wenn dann Dinge passieren, die auf so einer Ebene geschehen wie das geschilderte Problem mit AutoRip von Amazon? 

Es geht mir in diesem öffentlichen Anprangern darum, dass man wachsam bleiben muss, denn eines dürfte klar sein: Diese großen Firmen interessiert nur eines: Profit. Sie interessieren sich sicher nicht für die Sache, die wir hier mit so viel Leidenschaft und Leidensbereitschaft versuchen am Leben zu halten. Und doch sind nicht sie es, die sich bei der großen Diskussion um die Probleme der Urheberschaft und der Wertschöpfung im Kreuzfeuer sehen, sondern immer sind es die Musikschaffenden und die Musikliebenden, die sich in der Diskussion befinden. 

Das scheint mir unsinnig zu sein, denn es wird nach wie vor unfassbar viel Wertschöpfung mit Musik erlangt. Nur scheint diese mittlerweile komplett entkoppelt von den Erschaffern und Produzenten zu sein. Gebt uns doch einfach etwas vom Kuchen ab, dann ist die Diskussion bald zuende, und ich muss hier nicht ständig den Leuten auf die Nerven gehen. Sind ja zu 90% sowieso die paar wenigen, die noch in die Entstehung von neuer Musik investieren, die mein Geschreibe zum Thema lesen.

Im Falle von AutoRip ist nicht das Problem, dass der Kunde etwas bekommt, wofür er ohnehin Geld bezahlt hat, denn das Rippen auf den Rechner soll doch jedem erlaubt sein. Es geht darum, dass man unsere Werke als Gratisbeigabe verramscht und dabei völlig verantwortungslos damit umgeht. Denn im Grunde muss man die CD nun nicht einmal mehr auspacken, wenn man sie hören möchte. Und wird Amazon dann überprüfen, ob man diese MP3s auf seinen Rechner lädt, wenn man sie eigentlich einem Arbeitskollegen zum Geburtstag geschenkt hat? Man möchte dem Kunden die Zeit und die Mühe des Rippens sparen. Genau. Diese Mühe und diese Zeit sind aber ein Geschenk, dass ohne den Tonträger gar nicht erst gemacht werden könnte. Und damit wäre dies auch zu honorieren und zu vergüten. Hätten wir für jedes verschenkte MP3 auch nur den traurigen Betrag von einem Cent bekommen, dann wäre eine Band wie ASP schon sehr viel weiter, wenn es um die Finanzierung eines neuen Albums geht! 

Aber eigentlich darf man schon gar nicht (noch dazu ohne zu fragen) anderer Leute Leistungen einfach so verschenken. Das gehört sich nicht. Das gehört denen nicht!

Wir haben im Nachhinein erreichen können, dass wir im Bereich Streaming nicht mehr digital vertrieben werden und damit nicht mehr im AutoRip-Katalog geführt werden. Aber für die zigtausenden CDs von 1999 bis 2013 ist das Kind in den Brunnen gefallen. Da können wir nachträglich nichts machen. Weg! Verschwunden.

Und ich bin vollkommen realistisch: Wir können uns auch gar nicht wehren gegen diese mächtigen Konsum-Titanen.
Dafür fehlt uns die Lobby.
Und natürlich das nötige Kleingeld für Anwälte. Eigentlich schlau: Erst wird man becloud und nachher hat man nichts mehr übrig, um dagegen vorzugehen.

Aber eins möchte ich in aller Deutlichkeit mal sagen dürfen, und ich bitte die etwas sensibleren Gemüter unter euch, ab hier nicht mehr weiterzulesen. 

Liebe GEMA, liebes Amazon, um es mal mit den Worten des großen Dichterfürsten zu beschreiben:

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>>Ihr kotzt mich an! Ver**ckte Kulturparasiten-Bande!<<
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Ich würde gerne mit euch machen, was Arthur Dent in „Per Anhalter durch die Galaxis“ mit dem Abrisskommando machen möchte, das er beim Zerstören seines Hauses erwischt. Genau. All das. Und danach nochmal!

Und außerdem wünsche ich euch (also nicht euch, liebe Leser und Hörer, sondern denen) ein echt beschissenes Weihnachtsfest.

Euch, und nun meine euch, liebe Leser und Hörer, wünsche ich ein sehr schönes. Wir sehen und hören uns trotz aller Widerstände hoffentlich zu einem ganz traumhaften Jubiläum im neuen Jahr wieder. Bis dahin versuche ich, mich ein bisschen abzuregen, ich versprech‘s.

;)

Asp