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10. Februar 2013

Dramatisch zurück.

Hallo liebe Freunde.

Ganz schön abgebrüht ist der Großteil der ASP-Fans, ist er doch dramatische Auftritte von mir mittlerweile nicht nur gewöhnt, einige davon bezahlen sogar Eintritt dafür, sie sich anzusehen…

Nun war einige Tage der Zugang zur offiziellen ASP-Webpräsenz blockiert, und wir nahmen uns die Freiheit, die im Hintergrund laufenden Abschlussarbeiten am neuen Online-Shop mit der Frage zu verbinden, die auf untenstehender Grafik so nett und ein klitzekleines bisschen provozierend formuliert ist.
Okay. Vielleicht sogar ziemlich krass provozierend.

Würdest du uns vermissen?

Ein Plan, der bis auf wenige Einzelfälle (bei Euch entschuldigen wir uns für die nervliche Anspannung, die wir hervorgerufen haben) nicht besonders zur Entfaltung kam. Wie oben schon erwähnt: Man ist ja einiges gewöhnt…
Dennoch schicke ich dies noch voraus, bevor ich gleich wieder ganz schlimm anfangen werde rumzunörgeln: Bitte nehmt mir nachfolgendes Luft-Machen nicht übel. Fühlt euch nicht angegriffen. Ich weiß ja: Die meisten von euch sind ja gerade nicht die Verursacher…
Vielen Dank im Voraus für euer Verständnis.

Jedoch, die Aktion mit der Frage sollte ein wenig mehr sein als bloßes Aufmerksamkeitsheischen unsererseits.
Und es sollte weit mehr sein, als die verstörten Blicke dahin zu lenken, wo unser neuer Shop zum beruhigenden Wiedersehensfreude-Konsum einlädt… Hach, was sind wir doch wieder für Kommerzferkel!

Sollte es etwa eine Verlustangst anstacheln, nur um nachher das wohlige Gefühl nach der Entfernung dieses kleinen Dorns zu nutzen, um euch unsere neuen Projekte besonders angenehm munden zu lassen…?
Die Antwort muss ganz entschieden lauten:

Jein.

Ich teile viele, ganz tiefe, wenn auch nicht immer positive Empfindungen mit unseren Hörern und Lesern. Das ist sozusagen die „magische Verbindung“, von der wir so viel sprechen. Dieser Austausch von Emotionen, der auf Live-Konzerten sogar beidseitig gelingt.
Zu großen Teilen funktioniert das über jene eine Sache, wegen der fast alle hier bei uns reinschauen: die Musik!

Es gibt ein paar verstörende Themen in meinem Leben, über die ich momentan recht wenig Lust habe, Songs zu schreiben, um die Emotionen zu teilen, die diese Themen bei mir auslösen.
Das käme mir vor, wie den Regen bekämpfen zu wollen, indem man mit dem Gartenschlauch versucht, ihn in den Himmel zurückzutreiben.
Also fehlt mir diese gute, altbewährte Selbsttherapie leider in diesem Fall.

Songs schreiben über die Angst, bald keine Songs mehr schreiben zu dürfen?
Ein Album komponieren über die Angst, dass es bald keine Alben mehr geben kann? Ein tolles Artwork konzipieren zu dem Umstand, dass es bald nicht mehr möglich sein könnte, schöne Artworks zu machen?
Ich gebe es zu: Ich bin es schon leid, mich ständig darüber reden zu hören, mich darüber schreiben zu sehen, mich deswegen verletzt zu fühlen:
Der physikalische Tonträger geht mehr und mehr den Bach runter. Nein. Falsch. Die Bereitschaft, den Musiker überhaupt noch für seine Arbeit zu entlohnen, sinkt in einer Geschwindigkeit, die mich schwindlig macht.

Und dann noch das deprimierend uncoole Bild, das man von sich selbst bekommt, wenn man nicht die ganzen Respektplacebos benutzen möchte, die vom großen Schwarm im Internet als Ersatz angepriesen werden für eine Wertschätzung durch Wertschöpfung meiner Arbeit.

„Mensch Asp“, höre ich Leute sagen, „nun akzeptiere das doch endlich: Du musst das in einem größeren Zusammenhang sehen! Du produzierst CDs eigentlich doch nur, um nachher Leute auf eure Konzerte zu locken. Dann musst du eben aus diesem Bereich mal querfinanzieren! Oder aus dem Merchandising-Bereich!“

Super Idee. Dieses gesellschaftliche Phänomen soll es schaffen, meine Babys zu reinen Werbejingles für unsere Shirts zu degradieren? Soweit kommt‘s noch!
Mal davon abgesehen, dass ich dann nur noch umso mehr als Kommerzschwein dastehe, wenn ich mich noch mehr auf die Produktion von Fanartikeln konzentriere. Wie man es macht…

Querfinanzieren aus den Livegagen? Na klar. Passiert doch eh schon. Aber eigentlich wollte ich aus irgendeinem Bereich auch meine Miete und eine, haha, Altersvorsorge „querfinanzieren“, weil ich in meiner Jugend sämtliche vereinzelt aufgetretenen finanziellen Lichtblicke gleich wieder auf dem Altar meines Lebenstraumes geopfert habe, als gäbe es (k)ein Morgen! Konnte ich doch damals nicht wissen, dass das alles so läuft. Ich hätte mehr Zeit auf das Vernaschen von Groupies und das Einschmeißen von fragwürdigen Substanzen verschwenden sollen, anstatt mir den Popo aufzureißen. Dann hätte ich wenigstens auf dem Erinnerungs-Konto ordentlich was angespart. Und ob ich dahingehend das Ruder nochmal rumgerissen bekomme, das ist doch stark zu bezweifeln.

Verzeihung. Schon wieder in die Falle getappt.
Schon wieder versucht, die ganze Sauerei mit dem guten alten Jammerlappen aufzuwischen. Dabei liegt mir das naturgemäß gar nicht. Zum Jammern sind doch traurige Melodien und schwermütige Gesänge da. Eigentlich bin ich ein sehr lösungsorientierter Typ, der bei Problemen stets sein geistiges Werkzeug bereitlegt und dann die Ärmel zurückkrempelt. Nur scheine ich vor mehreren Monaten irgendwie meinen Werkzeugkasten mit dem eines außerirdischen Besuchers vertauscht zu haben, denn keines dieser verflixten Geräte scheint irgendwie zu passen. Das.Macht.Mich.Wahnsinnig.

Wie wäre es mit Crowdfunding? Da kriegen dann die Unterstützer statt signierter CDs signierte CDs und so, und einige wenige Fans greifen gaaaaanz tief in die Tasche, weil ein Großteil der Meute sich lieber umsonst bedient. Au ja. Das ist fair ohne Ende!
Aber vermutlich werden auch wir nicht ganz ohne auskommen. Ich muss das noch zu Ende denken.

Oder wie wäre es, wenn wir alle mal auf der GEMA herumhacken, weil die es wagen, gegen unsere besten Freunde, Google und Apple, aufzustehen. Böse! Böse! Aus!
Wann sind denn eigentlich die Megakonzerne die „Guten“ geworden und die mittleren Betriebe (z.B. Indie-Plattenfirmen) die „Bösen“? Habe ich irgendeine schräge Revolution verpasst?

Da kriege ich ja direkt Lust, ein Album mit Arbeiter- und Protestliedern aufzunehmen. Um ganz ähnlich den Minenarbeitern in den 30ern um Solidarität zu flehen. Aber hey, stimmt, da war doch was. Kann ich ja nicht. Bitte nicht noch ein Album, bei dem ich nicht weiß, wie es zu finanzieren ist.
Im Gegensatz zur Kohle (hier ist der fossile Brennstoff gemeint, die andere kommt nie aus der Mode), die irgendwann aus der Mode kam, weil andere Energiequellen dafür sorgten, dass daheim was aus der Steckdose kommt, wird aber ja nicht weniger Musik konsumiert. Konsumiert nicht. Es wird eben nur sehr selten dafür bezahlt.

Dann kommt der schlaue Oberpirat um die Ecke und sagt: Naja, da muss man eben mit der Zeit gehen. Das Internet (Youtube und Co.) ist eher wie ein Radio.
Ähm, wie so oft erzählt der Oberguru Stuss, denn die Radios bezahlen Geld, welches zumindest irgendwelchen Urhebern über Pauschalen wieder zugutekommt. Googletube tun das nicht, die verbreiten lieber mit traurigen Smileys schlechte Laune und verdienen mit anderer Leute Content über Werbeeinnahmen Milliarden. Hey, klar. Finde ich voll fair.

Ratschläge will ich keine mehr.
Mitleid will ich auch keins mehr. Obwohl. Besser als gar keine freundliche Emotion, wenn Respekt schon nicht mehr drin ist. Ich weiß: Genau bei Dir, lieber Leser, bin ich vermutlich an der falschen Adresse, denn Du bist derjenige, der uns unterstützt.
[Hey! Gut, dass Du hier bist!]

Haste mal ne Mark? Äh …99 Cent? Nein, rausgeben kann ich leider nicht, hamjanüschtwa…
Aber dafür gibt es noch ein Foto, eine Umarmung und ein verwirrt-beschämtes Lächeln obendrauf. Deal?
Nope, für 99 Cent lasse ich die Hosen an, bitte. Wenn Du das ganze Album nimmst (zum günstigen Bundlepreis) dann können wir nochmal drüber diskutieren…

Ist an Bord vom großen Universal-Dampfer nicht noch ein Platz frei? Wäre es nicht besser, mit den Wölfen zu heulen, ganz gleich, ob die Songs dann etwas schlagerhafter daherkommen müssten?
(Nein! Dies ist keine Anspielung auf eine bestimmte Band, interpretiert es bitte nicht hinein! Ich mag die Kollegen. Alle!)

„Wir könnten, aber …“
[Einstürzende Neubauten]

Tief durchatmen.

Deshalb das Pathos. Deshalb die Polemik.
Würdet ihr uns vermissen?

Es gibt schlimme Tage, da bin ich mir nicht einmal mehr sicher, ob ich uns selbst vermissen würde. Zu viel Ärger, zu viel Stress, zu viel Zukunftsangst.
Und ich habe mir erlaubt, ein klein wenig von dieser Existenzpanik in einen Satz zu packen und als Schild vor unsere Website zu pinnen.

„Es tut mir wirklich wirklich leid, und ich entschuldige mich vorbehaltlos.“
[Archie in „Ein Fisch namens Wanda“]

Apropos Homepage.

Ich weiß gar nicht, ob der Aufschrei auch nur halb so groß gewesen wäre, wäre die Nachricht nicht über Farcebook geteilt worden.
Wen interessieren denn noch Band-Websites?

Einen ASP-Song anhören? Wozu? Es reicht mir eigentlich, wenn ich alle zwei Minuten irgendeine kleine Neuigkeit auf FB, YT und Tw bekomme. Die entertainen mich viel besser als eure anstrengenden Lieder und passen auch viel besser zu meiner Aufmerksamkeitsspa… Hey, schau mal dort drüben! Da hat jemand sein Essen fotografiert. Vorher und nachher! Ist ja irre…

Würde jemand Aspsweltende vermissen?

Aber da weiß man ja gar nicht automatisch, wo der Info-Bereich, wo die Foto-Alben sind und wo man „magich“ drücken kann. Wie soll man denn da bitteschön seine Meinung mitteilen? Aber wie gesagt, vor allem: Wo, wo, wo denn? Bei Farcebook ist alles so schön übersichtlich. Da ist alles genau da, wo es sein soll. Links… . Alles schön gleich aufgebaut. Rechts… wir finden uns zurecht, tjallahitjallaha… links, rechts, links, rechts…

Apropos Aufmerksamkeits-Panne, äh, Aufmerksamkeitsspanne:
Mittlerweile haben doch sowieso alle schon aufgehört mitzulesen. Ich könnte nun völlig unbeachtet und ungestraft „Kackenwichs“ sagen, hihihi.
Oder über irgendwelche Leute ablästern. Zum Beispiel die ganzen Leute, die mir das Leben schwer machen, weil das leichter ist, als was mit sich selbst anzufangen…

Ach nee. Wenn keiner mitliest, macht das keinen Spaß.
Und wenn jemand mitliest irgendwie auch nicht.

Schau mal. Hier am unteren Ende des Textes ist sozusagen der Antigipfel. Hier wird die Luft zwar sehr dünn, aber dafür gehörst Du zum exklusiven, erlesenen Kreis derer, die sich bis ganz nach obenunten gekämpft haben.
Ich gratuliere!
Unser nächstes Album heißt „Maskenhaft“. Du siehst also: Wir machen doch wieder eines. Mit voller Artwork-Power und allen Schikanen. Es wird ein absolutes Brett. Wir haben alles Ersparte (auch das von übermorgen) auf einen Haufen geworfen und riskieren das jetzt einfach nochmal. Wird schon gehn. Wir vertrauen einfach darauf, dass es funktioniert.
Und dann rechnen wir neu, und dann schauen wir, ob es dann nochmal funktioniert. Und vielleicht sogar nochmal. Das müssen wir nun leider so machen. Wir hangeln uns von Album zu Album und schauen, wie weit wir kommen. Das wird sehr spannend, also bleib dabei!

Ich bin mir sicher:
Ich würde uns vermissen.

Bis bald, euer Asp